Analog vs. Digital reloaded
Bereits seit Längerem hatte ich mir vorgenommen mir eine alte analoge Canon SLR zu kaufen (meine alten Kameras habe ich großteils schon vor Langem verkauft), um die Qualität bei Nutzung der gleichen hochwertigen Objektive, wie ich sie mittlerweile bei der 5D MkII im Einsatz habe mit ebendieser zu vergleichen. Denn es ist noch nicht lange her dass es heftige Diskussionen gab zwischen Digitalfotografen und „alteingesessenen“ Fotografen, welche damals noch eisern an analogem Film festhielten – was teilweise an Diskussionen erinnerte, welche in den 1980ern bei Einführung der Musik-CD aufkamen.
Lebt Totgesagtes immer länger?
Wie man in den diversen Musikgeschäften sehen kann, erlebt das damals totgesagte Vinyl geradezu ein Revival – obgleich damals viele Plattenläden ihre Pforten für immer schließen mussten, und es eine Zeit lang tatsächlich so aussah, als ob Vinyl gänzlich verschwinden wird, sind die Vinylabteilungen der diversen MediaSaturn-Märkte wieder deutlich gewachsen; ja sogar neue reine Plattenläden haben geöffnet, und ziehen „Retro“-Fans an. Doch während man beim Vergleich Schallplatte vs. CD zwangsläufig bald auf einer recht subjektiven Ebene landet (wie will man widerlegen wenn für jemanden eine Schallplatte einfach „echter“, „weicher“, „ehrlicher“… klingt!?), so ist der Qualitätsunterschied bei Fotos wesentlich einfacher objektiv darstellbar. Denn selbst wenn jemand ein analoges Foto einfach „hübscher“ findet (was Programme wie Instgram mit Fotos alles anstellen zeigt recht deutlich, dass auch hier viel Sehnsucht nach „Retro-Look“ herrscht), kann man rein objektive Parameter wie Detaildarstellung und Rauschen bzw. Bildkorn darstellen – und jeder kann seine eigenen Schlüsse daraus ziehen.
Da ich ja noch meinen hochgeliebten Nikon CoolScan V besitze, welcher mit „echten“ 4000 dpi Scans von Filmnegativen und Dias erstellt (in der Qualität nicht zu vergleichen mit jeglichen Durchlichtlösungen von Flachbettscannern!), ist es mir möglich genau diesen Vergleich auf qualitativ sehr hohem Niveu durchzuführen.
Ich war daher zunächst mal sehr froh eine sehr günstige Canon EOS 10 auf Ebay zu finden – für € 39 gehörte das gute Stück mir, ein wenig reinigen und sie sah auch optisch absolut zufriedenstellend aus. Dann noch einen guten Film dazu, leider war der von mir gewünschte Kodak Ektar 100 (lt. Eigenangaben von Kodak der Kleinbildfilm mit der feinsten Körnung weltweit) grad nicht lagernd, also entschied ich mich für den wohl ebenfalls sehr guten Kodak Portrait 160. Mit Stativ, beiden Kameras und einigen Objektiven bewaffnet ging es dann auf die Terrasse.
Back to the roots – Fotos aus dem Labor!
Es war ein witziges Gefühl, den Auslöser der EOS 10 zu drücken, den Motortransport zu hören, und zu wissen: Die Ergebnisse bekomme ich – naja, irgendwann, wann immer halt der Film (halbwegs) voll ist, und ich ihn zum entwickeln gebe! Und ja ich gebe zu: Ich habe mich auch ein oder zwei Mal dabei ertappt nach dem Auslösen auf die Rückseite der Kamera zu blicken, wo mir natürlich kein Display die soeben gemachte Aufnahme offenbarte, sondern nur die schwarze Kamerarückwand lieblos prangerte. Und ja, ich hab mich dann immer ein wenig dumm gefühlt, und war froh dass mich niemand beobachtet hatte… ;)
Die Entwicklung des Films erfolgte dann tatsächlich erst einige Wochen später, da ich die Kamera auch auf meine Urlaubswoche in Vorarlberg mitnehmen wollte, um auch dort einige Aufnahmen zu machen.
Der Vergleich macht sicher
Hier also nun die Ergebnisse des – wie immer – nicht hochwissenschaftlich präzisen, jedoch mit vernünftigem Aufwand hinlänglich akkurat durchgeführten Vergleichs (Kamera natürlich auf Stativ mit jeweils unveränderter Position für die Testfotos):
Zunächst mal der Vergleich der Gesamtaufnahmen Canon EOS 10 analog (erster Foto) und Canon EOS 5D MkII (zweites Foto):
Bei dieser Größe muss man schon sehr genau schauen um einen Unterschied feststellen zu können. Am ehesten fällt noch die unterschiedliche Farbgebung auf, vor allem am grünen Dach der Karlskirche im Hintergrund. Den Grund dafür kann ich leider nicht mehr eindeutig bestimmen, Blende und und Belichtungszeit waren natürlich identisch, vermutlich hat sich zwischen dem Wechseln der Kameras eine Wolke vor die Sonne geschoben. (Die 5D war übrigens auf ISO 200 eingestellt, um hier einen fairen Vergleich mit den ISO 160 des Films zu schaffen).
Wie auch immer, wenn man in die 100% Detailansicht geht zeigt sich, dass die unterschiedliche Farbdarstellung definitiv nicht den größten Unterschied ausmacht…
Hier ein weiteres Beispiel, zunächst wieder jeweils das komplette Foto:
Hier nun ein Teilausschnitt des Fokuspunkts – hier ist der Unterschied gar nicht mal allzu groß, was aber auch keine Kunst ist, da hier Detailzeichnung weniger gefragt ist als reiner Kontrast.
Wenn man jedoch den Ausschnitt auf die Bewässerungsanlage wirft, ist der Unterschied wieder „wie Tag und Nacht“:
Konklusion: Ich denke dieser Vergleich lässt keinerlei Zweifel ob im Bereich des Kleinbildformats das analoge Format mit moderner digitaler Technik mithalten kann – nein, bei Weitem nicht mehr! Andererseits macht es aber auch deutlich, dass es sich durchaus auszahlt alte Negative/Dias durch Scans ins digitale Zeitalter zu retten, bevor sie endgültig verblassen: Für normale Bildschirmansicht und kleine Prints (ich würde mal sagen bis Format A4) ist die Qualität durchaus ausreichend!
Der Ordnung halber muss ich hinzufügen: Es gibt natürlich noch deutlich teurere und somit bessere Lösungen für Scans, doch ist es höchst fraglich ob dies an der hier gezeigten Qualität irgendwas massiv ändern würde. Denn mangelnde Auflösung des Scans ist eindeutig nicht das Problem, ist doch das Filmkorn mehr als deutlich sichtbar. Abseits davon: Wenn ein Trommelscanner im Preissegment eines Kleinwagens zum Einsatz kommen muss, dann ist das schon ziemlich mit Kanonen auf Spatzen schießen…
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