U4 Station Schottentor

Architektur und Farbräume

Für alle, die sich jetzt fragen, was denn Architektur mit Farbräumen zu tun hat: Im Grunde gar nichts! :-) Jedoch gaben mir ausgerechnet meine Fotos der (relativ) neu umgebauten U-Bahn Station Schottentor einen guten Grund, über das Thema der Farbräume mal aus wirklich praktischer Sicht zu schreiben.

Ich hatte schon einen recht langen Beitrag zum Thema Farbräume vorbereitet, jedoch dann beschlossen, die siebentausendste Abhandlung zu diesem Thema doch nicht zu veröffentlichen. Es gibt wirklich schon sehr viele gute Artikel, die erklären, worum es dabei geht, und was man beachten sollte.

Ich möchte hier vielmehr die Frage stellen – und hoffentlich zumindest teilweise beantworten – ob die Verwendung eines erweiterten Farbraums (als solches bezeichne ich jetzt mal alles größer als sRGB) denn wirklich Sinn macht (wenngleich es auch dazu natürlich bereits unzählige Diskussionen gibt). Die kurz gefasste Antwort aus meiner Sicht: Ja und Nein, je nach Anwendung – mit klarer Tendenz zum „Ja“ in der (nahen) Zukunft.

  • Warum „Nein“? Weil es in der Praxis in der Regel genau null Unterschied macht. Weil die meisten Leute immer noch mit Ausgabegeräten arbeiten, die nicht einmal den sRGB Farbraum vollständig abdecken. Und weil die Gefahr besteht, dass man – wenn man sich nicht wirklich tief genug mit der Materie beschäftigt hat – im eigenen Workflow erst recht falsche Ergebnisse z.B. beim Print bekommt, weil man die unterschiedlichen Farbraumeinstellungen nicht richtig gesetzt hat. Die meisten Consumer-Geräte (Bildschirm & Drucker) gehen (auch bzw. vor allem bei Fotos ohne eingebettetem Profil) von sRGB aus, damit kann man also (fast) nichts falsch machen. Sobald man auf aRGB (Adobe RGB) umsteigt, kann es bunter werden, als einem lieb ist.
  • Warum „Ja“? Weil die Technik sich rasant weiterentwickelt, und sRGB als Standard wohl bald mal ausgedient hat. Ich sitze z.B. im Moment grad voller Freude vor meinem neuen Notenbook, einem Sony Vaio VGN-AW21VY/Q mit RGB-LED Bilschirm, und dieses Display ist ein HAMMER! :-) Es ist eines der sogenannten „Wide Gammut Displays“, und dadurch in der Lage, Farben darzustellen, die man auf bisher üblichen Bildschirmen nie zu Gesicht bekommen hat. Diese (oder eine vergleichbare) Technik wird sich schon sehr bald durchgesetzt haben, und somit sRGB als Farbraum seine liebe Not bekommen. Wäre doch schade, wenn man den Farbraum künstlich einschränkt, wenn Display (und Drucker sowieso) viel mehr Farben darstellen können?
    Außerdem gilt o.a. „Nein“ nicht im professionellen Bereich z.B. der Werbefotografie. Die Farbe, die für ein Firmenlogo gewählt wurde, muss nunmal unbedingt in exakt diesem Farbton wiedergegeben werden, hier darf man sich nicht von einem zu kleinen Farbraum einschränken lassen.

Die grüne U4

Ein schönes konkretes Beispiel dafür : Das Grün der Wiener U-Bahn Linie U4! Das ist ein ganz besodneres Grün, denn: Es wird vom sRGB Farbraum nicht abgedeckt, und ist somit in diesem nicht darstellbar! Ein sehr konkreter Grund, einen erweiterten Farbraum wie Adobe RGB (oder noch größere) zu verwenden.

Folgendes Foto ist mit dem aRGB Profil versehen, wobei die linke Hälfte des Fotos jedoch zuvor in sRGB konvertiert wurde. Das Ergebnis – ein deutlich satteres grün in der rechten Hälfte, welches dem „echten“ grün der U4 entspricht, bekommt man jetzt jedoch nur zu sehen, wenn:

1. Ein Browser/ Programm verwendet wird, welche(s)r Farbmanagement unterstützt (z.B. Firefox ab Version 3, NICHT aber der Internet Explorer!)

2. Der Bildschirm auch in der Lage ist, zumindest im Grünbereich Farben außerhalb von sRGB darzustellen. Die Chancen dafür stehen nicht so schlecht, denn selbst wenn ein Display sRGB nicht vollständig darstellen kann, so sind oftmals doch „Ausreißer“ in Farbbereichen dabei, die über sRGB hinaus gehen.

3. Der Bildschirm korrekt kalibriert ist.

U4-Schild_aRGB_sRGB

Hier geht’s glaub ich zur U4…

In allen anderen Fällen kann das Ergebnis alles mögliche sein: Zwei unterschiedliche grün, wobei das rechte grün aber noch immer nicht die Originalfarbe darstellt, oder man sieht gar keinen Unterschied, und fragt sich, wovon ich hier bitte eigentlich rede. Je nachdem, in welchem Programm und auf welchem Schirm man das Foto ansieht. Manche Programme, wie z.B. der Windows Bild- und Faxbetrachter haben „halbes“ Farbmanagement eingebaut, bedeutet: Das Profil des Fotos wird zwar korrekt ausgelesen, jedoch leider nicht in das Profil des Monitors zur Ausgabe umgerechnet, sondern stur in sRGB. Das kann ganz schön für Verwirrung sorgen…!

Wenn es also wichtig ist (und den Wiener Linien wäre es für Marketingfotos ganz bestimmt wichtig) dass das grün akkurat wiedergegeben wird, kommt man hier um die Verwendung eines erweiterten Farbraumes nicht herum.

Licht und Schatten

Anbei noch ein schönes Beispiel, wie viel Einfluss das (aus meiner Sicht) Wichtigste in der Fotografie – LICHT – auf die Wirkung eines Fotos hat. Gleiches Motiv, gleicher Aufnahmewinkel, einmal nur mit Umgebungslicht (oben, gefällt mir persönlich besser), und einmal mit aufgestecktem Blitz – wobei ich wirklich erstaunt war, wie gut das 580 EX diesen doch recht großen Raum ausleuchten konnte!

Rolltreppe ohne Blitz

Rolltreppe ohne Blitz

Rolltreppe mit Blitz

Rolltreppe mit Blitz

Zu guter Letzt noch das Foto, aus welchem ich das U4-Schild oben rausgeschnittten habe:

U4 Station Schottentor

U4 Station Schottentor

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